Vier Fragen an Kristian Schneider und Hans Flückiger

Kristian Schneider (CEO Spitalzentrum Biel AG) und Hans Flückiger (Vize-Gemeindepräsident Brügg) waren zu Gast an der Mitgliederversammlung von seeland.biel/bienne vom 1. Juli 2020 in Biel. Wir hatten die Möglichkeit anlässlich ihrer Referate zum geplanten Neubau des Spitalzentrums Biel im Brüggmoos kurz mit ihnen zu sprechen. Aus aktuellem Anlass auch über die Covid 19-Pandemie und ihre Folgen.

Herr Schneider, das neue Coronavirus (COVID-19) hat die Schweiz und die Welt in den Ausnahmezustand versetzt. Wo sehen Sie aktuell die grössten Herausforderungen für das Spitalzentrum Biel (SZB) und die Gesundheitsversorgung in unserer Region?

Die Covid-19-Pandemie ist nicht vorbei. Als Spital müssen wir deshalb auf eine weitere Welle gefasst sein und reaktiv bleiben, um betroffene Patientinnen und Patienten jederzeit aufnehmen zu können. Das bindet gewisse Vorhalteleistungen, ist aber Teil unseres Versorgungsauftrags. Gleichzeitig wollen und müssen wir auch Nicht-Covid-Patienten wieder umfassende Behandlungen bieten.

Mittelfristig muss das Gesundheitswesen – wie alle anderen Wirtschaftszweige auch – mit den pande¬miebedingten Einnahmeausfällen umgehen und Lösungen finden, um trotzdem investieren zu können. Die langfristige Herausforderung bleibt für das SZB die Umsetzung unserer Strategie, eine optimale Vernetzung aller Leistungserbringer mitzugestalten, die es ermöglicht, den Patientinnen und Patienten der Region eine moderne und vor allem bedürfnisgerechte Gesundheitsinfrastruktur zur Verfügung zu stellen. Gerade Covid-19 hat gezeigt, wie unverzichtbar ein gut funktionierendes Zentrumsspital wie das SZB für die Bevölkerung ist!

 

Um die Gesundheitsversorgung auch in Zukunft sicherstellen zu können, plant das Spitalzentrum Biel einen Neubau. Warum braucht es den Neubau, und wie kann die Region davon profitieren?

Die Notwendigkeit eines Neubaus steht in direktem Zusammenhang mit einer in die Jahre gekommenen Infrastruktur einerseits und dem heutigen Standort mitten im Wohnquartier Beaumont andererseits. Ein neues, modernes Spital an geeigneter, gut erreichbarer und übrigens auch landschaftlich überzeugender Lage wie an unserem Vorzugsstandort Brügg würde das medizinische Angebot für die Bevölkerung signifikant verbessern und die Attraktivität der gesamten Region für heutige und künftige Einwohnerinnen und Einwohner steigern.
Über einen Neubau zu verfügen, ist aber auch ausschlaggebend für unsere Rolle als Arbeitgeber, denn eine moderne und effiziente Arbeitsumgebung ist für Stellensuchende attraktiv. Gerade in einer Zeit des Fachkräftemangels kann dies das Zünglein an der Waage sein, wenn es darum geht, ob sich ein gut qualifizierter Spezialist oder eine seltene Fachärztin für uns und für die Gesundheitsversorgung der Region entscheidet oder nicht.

Herr Flückiger, der Neubau des Spitalzentrums Biel soll im Brüggmoos zu stehen kommen. Welche Chancen und Herausforderungen stellen sich in diesem Zusammenhang für die Gemeinde Brügg?

Je grösser die Herausforderungen, je grösser die Chancen. Mit dem Spitalzentrum käme seit vielen Jahren wieder einmal eine Unternehmung in der Grössenordnung des «Carrefour» (heute Centre Brügg der Migros), des Farbendrucks Weber (heute Weber Park), der Biella oder der Firma Notz nach Brügg. Dementsprechend fehlte bei uns zuerst die Erfahrung im Umgang mit solchen Grossprojekten, und wir mussten uns fit dafür machen. Heute sind wir es. Das Spitalzentrum würde aus steuerlicher Sicht keine «Cash Cow» sein, aber brächte uns dafür eine top Gesundheitsversorgung vor die Haustüre. Aber nicht nur das; wir planen, die Umgebung des Spitals aufzuwerten. Brüggerinnen und Brügger und natürlich alle Besucher und Mitarbeiter des SZB könnten sich somit in Zukunft in einem tollen Gebiet aufhalten, welches bisher keinen oder einen unwesentlichen Stellenwert besass. Diese Aufwertung der direkten Umgebung des Spitals wäre ein Mehrwert mit Langzeitwirkung.

 

Die Corona-Krise hat auch für die Gemeinden weitreichende Folgen. Welches sind die wichtigsten Lehren, die Sie zum jetzigen Zeitpunkt als Gemeinderat aus der Krise ziehen können?

Ich möchte gerne mit den positiven Folgen beginnen. Unsere Verwaltung ist viel flexibler als gedacht und hat aus der Situation das Beste gemacht. Es gelang, einen guten Weg zwischen öffentlich Zugänglich-Bleiben, Home-Office und Arbeiten mit Distanz zu finden. Der Gemeindeschreiber entpuppte sich als versierter Hotline-Betreuer, und die Bevölkerung bewies, dass Brügg noch ein Dorf ist, in dem die Nachbarschaftshilfe gut funktioniert. Herzlichen Dank an dieser Stelle allen Mitarbeitern und der Bevölkerung. Finanziell werden wir die Auswirkungen stärker zu spüren bekommen als Gemeinden ohne viel Industrie und Gewerbe. Hier gilt es ein gesundes Mittelmass zwischen einer «Vollbremsung» und «Gürtel-enger-Schnallen» zu finden.